01. Kathmandu (DE)
Gestern war es endlich soweit: Abflugtag Richtung Asien! Ich kann es immer noch kaum glauben, dass mein Bruder und ich gerade in Kathmandu am Küchentisch im Haus meines Kumpels Niraj sitzen. Begonnen habe ich den Abreisetag eigentlich wie fast jeden meiner Tage, nämlich mit einer Runde Sport. Laufschuhe und Musik an, und noch ein letztes Mal für dieses Jahr in und um das spätsommerliche Leberskirchen joggen gegangen. Auf die letzten Kilometer sogar in Begleitung mit Kristina, die jetzt leider doch nicht nach Nepal mitreist, aber mir während meiner letzten Tage hier als gute Freundin und als mentaler Support zur Seite stand. War ein traumhaft schöner Lauf, eigentlich beginnt jetzt wieder die Zeit, in der das Joggen so richtig Spaß macht… Noch ein letztes Mal im Garten Yoga gemacht, geduscht, gefrühstückt, und plötzlich waren wir auch schon auf dem Weg Richtung Flughafen. Die musikalischen Hochkaräter dieses Sommers natürlich inklusive, 40 Jahre die Flippers müssen da schon sein. Ansonsten war Manfred’s und mein Reisetag überwiegend von einer abnehmenden Bierqualität bei gleichzeitig steigenden Bierpreisen gezeichnet: Unsere Hofbräu-Abschiedshalbe, begleitet von Mama’s Zwetschgendatschi (hab die Security-Fuzzis echt neidisch gemacht damit) in München war für Flughafenverhältnisse mit 5€ pro Bier noch relativ erschwinglich. In Istanbul dann diese erschreckende Gleichung: 2 x 0,33l schlecht gebrauter Plörre = 25€. Autsch. Naja, weil Manfred eben Manfred ist, hat er mit einer Prise Schnupftabak am Istanbuler Gate für das Fortleben unserer guten Stimmung bei konstant sinkendem Witzniveau gesorgt.
Der Weiterflug nach Kathmandu ging dann recht reibungslos über die Bühne. Tja, aber um 6 Uhr morgens Ankunftszeit, puh… Mit Jetlag und Schlafmangel im Gepäck haben wir uns dann irgendwie durch das Visaprozedere, die Gepäckabholung und die SIM-Karten-Organisation geschleppt. Ohne Schmarrn, ich war echt dankbar, dass ich meine Gehirnzellen nicht auch noch für die Logistik ins Stadtzentrum von Kathmandu hinein aufbrauchen musste. Stattdessen stand der Niraj abholbereit am Flughafen und hat uns gewohnt charmant durch das morgendliche Kathmandu zu sich und seiner Family nachhause chauffiert. Kathmandu hat mich vom ersten Moment an unglaublich fasziniert – ich liebe Städte voller Gewusel und Chaos. Ich bin von meinen bisherigen Asientrips ja schon einiges gewohnt, aber Kathmandu ist einfach nochmal eine andere Hausnummer. I love it. „No method to the madness“, wie Niraj es sehr treffend zusammengefasst hat. Gefühlt gar keine Verkehrsregeln, Straßenhunde, Straßenziegen, Straßenschafe, Straßenkühe, Straßenverkäuferinnen, alles und jeder irgendwie total hypa hypa. Hindutempel, schiefe, illegal an den Highway gepferchte Häuser, Hühner auf der Dachterrasse. Leute, die auf der Straße lautstark nach Eisen und Metalle zum Ankauf fragen, Sadhus, Menschen, die krasse Lasten auf ihren Schultern tragen. Alles durcheinander, alles hupt und lärmt und bremst und schrammt vorbei und braust scheinbar konfus, aber irgendwie schon zielstrebig durchs Leben. Wenn man das so liest, könnte man meinen, dass man es hier keine Sekunde aushalten kann, ohne durchzudrehen. Zu diesem Team gehörte heute offensichtlich Manfred, der allerdings auch zum ersten Mal in Asien ist. Wobei man sagen muss, dass Kathmandu schon ein sehr intensiver erster Berührungspunkt mit asiatischen Großstädten ist. Und ich? Wurde total aufgesogen von diesem Strudel aus Verkehrschaos, Garküchen, baufälliger Häuser, die seit dem Erdbeben 2015 noch nicht renoviert wurden, und Niraj’s Erklärungen zum Hinduismus, politischen Problemen des Landes, Traditionen und Alltagsroutinen der Nepalis. Ich komm echt nicht drüber hinweg, wie stark mich diese Stadt anzieht. Auch wenn’s Außenstehende jetzt eventuell 0,0 verstehen.
Angekommen im sehr, sehr gemütlichen Haus von Niraj’s Familie lernten wir auch gleich mal die nepalesische Love Language kennen: Nämlich Essen. Niraj’s Mama machte es sich asap zur Aufgabe, Niraj, seiner Schwester Nishma, Manfred und mir hausgemachtes Dal Bhat zu kredenzen. Dal Bhat ist DAS nepalesische Nationalgericht: Reis (Bhat), Linsen (Dal), Gemüsecurry. Vegetarisch, scharf und unglaublich lecker! Während der gesamten Mahlzeit wuselte seine Mam (sorry für mein miserables Namensgedächtnis, welches bei nepalesischen Namen erst recht zu wünschen übrig lässt) um uns rum, und sobald sie merkte, dass eine der Mahlzeits-Komponenten sich dem Ende zuneigte, kam sie mit einem großzügigen Schöpflöffel voll mit Bhat, Dal, oder Curry daher und gab uns ungefragt Nachschlag. Da es im Hinduismus 33 Millionen Götter und Göttinnen gibt und auch Essen sich zu diesen Gottheiten dazuzählen darf, ist es natürlich uncool, nicht aufzuessen. Nach 12 Stunden Flug und mediumgeilen Flugzeugfutter war das aber genau der richtige Umgang mit uns. Beim zweiten Nachschlag Senfblätter musste ich dann aber aufgeben. Manfred kämpfte weiterhin tapfer an vorderster Mach-die-nepalesische-Mama-glücklich-Front. Das daraus resultierende Foodkoma konnte sich durchaus sehen lassen. Weder Niraj’s und Nishma’s Mama und Oma können Englisch, aber mit Händen und Füßen und den Dolmetscherskills der beiden Kids hat die Kommunikation dann doch ganz gut geklappt. Und wow, dieser expressive Ohrschmuck und diese wunderschönen Nostrilpiercings. Da werde ich glatt neidisch. Niraj’s Omi ist direkt dahin geschmolzen, als ich ihr gesagt habe, wie toll ich ihre Ohrringe finde. Vielleicht erzählt sie mir ja mal, wo sie die herhat.
Im Anschluss stürzten wir uns wieder mit Niraj und Nishma aufs Neue in den ganz normalen Wahnsinn Kathmandus. Die Hikingpermits und einige kleinere Last-Minute-Einkäufe vor unserer Trekkingtour auf dem Annapurna Circuit mussten noch besorgt werden. Klappte auch hier alles wieder tadellos, unter anderem dank unserer Locals. 😉 Ein bisschen Sightseeing war dann auch noch drin, wir besuchten den Royal Palace inklusive Tempelkomplex außen rum. Auch hier überall wieder allerhand mehr oder weniger possierliche Straßengetier, dazu ein paar zeichnende Kunststudis, und das ganze restliche hektisch-zielstrebige Treiben. Nach und nach hat bei Manfred und mir dann der Jetlag echt reingekickt. Abends wurden wir von Nirash’s und Nishma’s Mama nochmal bestens kulinarisch versorgt, dieses Mal mit MoMos (nepalesische Version von Dumplings) und einem Nudelgericht, dessen Name in etwa wie Tuppa ausgesprochen wird. Auch wieder alles komplett vegetarisch und wahnsinnig gut… Könnte ich mich echt dran gewöhnen, ein richtiges Paradies für alle, die nicht gerne totes Tier essen. Freu mich auf jeden Fall schon darauf, nach unserer zweiwöchigen Trekkingtour nochmal für einige Tage im Gautam’schen Haushalt Gast sein zu dürfen und noch mehr über Kathmandu zu lernen! Jetzt steht morgen jedoch erstmal der natur-, berg- und abenteuerlastige Teil des Urlaubs auf dem Programm: 15 Tage Annapurna Circuit über den Thorong La Pass! Da wir morgen dafür bereits um 4:30 Uhr aufstehen müssen, um unseren Bus nach Besisahar zu erwischen, war heute Abend nicht mehr wirklich Action geboten. Das mitgebrachte Bier aus Bayern für Niraj und Nishma muss daher noch ein bisschen warten, bis wir auf der Dachterrasse (Standard bei so ziemlich jedem Wohnhaus in Kathmandu) damit anstoßen können. Cheers to Nepal!
P





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