02. Annapurna Circuit (DE)

 6 Uhr morgens in Kathmandu. Manfred, Niraj und ich cruisen eine der vielen dezent chaotischen, dezent unübersichtlichen Straßen entlang, und halten Ausschau nach dem Microbus nach Besi Sahar, dem Startpunkt unserer Trekkingtour. Besser gesagt, Niraj hält Ausschau und erkundigt sich bei den Locals nach dem richtigen Bus, weil Manfred und ich sprachlich gesehen in dieser Hinsicht absolut inkompetent sind. Schließlich macht Niraj den richtigen Microbus ausfindig, und in Windeseile werden unsere Trekkingrucksäcke auf das Dach des Busses geschnallt, wir kaufen (wieder mit Niraj's Hilfe) Kekse für die Fahrt und verabschieden uns von ihm. Manfred und ich werden auf die Rückbank des Minibusses gepackt. Wir sind die einzigen Touris im Bus und geben uns mit den uns zugewiesenen Plätzen zufrieden, da wir so oder so eh keine Einwände äußern könnten. Wir sind einfach nur froh, ein Transportmittel nach Besi Sahar gefunden zu haben und die erste Etappe des Annapurna Circuits von dort aus starten zu können. Nun ja, während der Fahrt wurden unsere Bandscheiben schon mal auf eine harte Probe gestellt, da die Straßen Nepals vor allem von Schlaglöchern und Bodenwellen geprägt sind und die Busse sagenhaft schlecht gefedert sind. Vor allem auf der Rückbank bekommt man das sehr deutlich zu spüren. Die Strecke von Kathmandu nach Besi Sahar beträgt gerade mal 150km - eine Distanz, die man in Deutschland in gut zwei Stunden locker bewältigen kann. In diesem Fall dauerte die Fahrt jedoch mehr als 7 Stunden, begleitet von lautstarker nepalesischer Volksmusik aus dem Radio. Definitiv ein intensiver Auftakt für unsere Tour. 

Endlich in Besi Sahar angekommen, machten wir uns nach einer kurzen Mittagspause mit Mo:Mos auf den Weg nach Ngadi Bazar, um dort die erste Nacht unserer Wanderung zu verbringen. Dank der Regenzeit war alles um uns herum herrlich grün, und es war schön, zwischen den Reisfeldern und kleinen Siedlungen hindurchzulaufen. Es nieselte etwas und gleichzeitig schien die Sonne, wodurch jedes einzelne Blatt, jeder Grashalm wunderbar glänzte. In Ngadi Bazar angekommen, haben wir uns auch gleich in einem sehr gemütlichen Teehaus einquartiert. Wir waren die einzigen Gäste und wurden dementsprechend verwöhnt. Unser Gastgeber, Buddhiman, hat uns mit leckerem nepalesischem Essen, Tee und kühlem Bier versorgt (dafür ist er extra nochmal mit dem Motorrad schnell zu seinem Kumpel gedüst, um ein paar Dosen Ghorka-Bier zu holen) und ist uns mit zahlreichen Tipps und Tricks bei der Tourenplanung zur Seite gestanden. Besser hätten wir es nicht treffen können, und auch Buddhiman's Frau und seine drei kleinen Töchter waren unglaublich lieb zu uns - die jüngste, ungefähr im Kindergartenalter, ist mir überall hin gefolgt und wir haben fast den ganzen Abend miteinander gespielt. Sogar bei meiner abendlichen Yogasession war sie dabei, das war echt wahnsinnig süß! Gerade dieser erste Abend unterwegs auf dem Annapurna Trek hat sich bei mir stark eingeprägt, weil mir dabei einmal mehr die Hilfsbereitschaft, Warmherzigkeit und Gastfreundschaft der Nepales*innen vor Augen geführt wurde. Raus aus Kathmandu und rein die nepalesische Bergwelt war definitiv auch heilsam für Manfred's anfänglichen Kulturschock.


Rice and Shine! 


Gestärkt mit Porridge und schwarzem Tee ging es am nächsten Morgen weiter Richtung Chyamch, wieder mit herrlichen Ausblicken auf das intensive Grün der Natur um uns herum und vorbei an kleinen Dörfern und einzelnen Siedlungen. Mittagspause machten wir in Syange mit vegetarischen Mo:Mos, einer wärmenden Suppe (meine Favoriten während der Tour: Knoblauchsuppe und vegetarische Thupka-Suppe), mit einem tollen Blick auf den reißenden Fluss Marsyangdi. Im Anschluss ging es weiter nach Chyamch, wo wir uns aufgrund des Mangels an weiteren Reisenden die Unterkunft wiederum spontan und nach eigenem Gusto aussuchen konnten. Und so lief dann eigentlich auch nahezu jeder unserer Tage auf dem Trek ab: Früh aufstehen, wandern, irgendwo Mittag machen, die restliche Strecke zu Tagesziel marschieren, immer mit um die 10 Kilo Gepäck auf dem Rücken. Meistens kamen wir im Laufe des Nachmittags an und genossen einen tiefenentspannten Tagesausklang. Wir lasen ein Buch nach dem anderen, schrieben an unseren Tagebüchern, quatschten, tranken Bier, und ich rollte irgendwann im Laufe des Nachmittags oder Abends meine improvisierte Yogamatte (aka mein XXL-Wollschal) aus und flowte durch meine Asanas. Das Abendessen nahmen wir recht früh zu uns, und ebenso früh ging es ins Bett. Wir gingen eigentlich immer vor 22 Uhr schlafen. Es war einfach ein simpler und schöner Tagesablauf, und doch war kein Tag wie der andere. Die Landschaft änderte sich auf drastische Weise: Die Reisterrassen gingen über in beeindruckende Schluchten und die uns umgebenden Berge wurden immer höher. Ab Dharapani machte sich auch der kulturelle Wandel bemerkbar: Gebetsfahnen und Gebetsmühlen in den Dörfern wiesen darauf hin, dass wir uns in Richtung des buddhistischen Tibets bewegten. Und natürlich gewannen wir auch mit jedem Tag an Höhe hinzu. Eines unserer Highlights war die Ankunft in dem Dorf Upper Pisang auf 3300m: Wir fanden ein sehr schönes Teehaus am oberen Ende des Dorfes und bekamen dort ein Zimmer mit Balkon und dem ersten (und für die restliche Tour leider auch einzigen...) Blick auf den Annapurna II. Die Sonne schien warm auf den Balkon, und so genehmigten Manfred und ich uns ein Bierle in da Sun. So kann es doch weitergehen, oder?


Nun ja, wir hatten die Rechnung ohne das Wetter gemacht. Nach der relativ klaren Sicht und den verwöhnenden Sonnenstrahlen in Upper Pisang erwarteten uns vier Tage mit schlechter Sicht, da es ununterbrochen bewölkt war. An drei dieser vier Tage regnete es quasi ununterbrochen. Da wir durch Manfred's anstehenden Rückflug nach München jedoch den Regen nicht aussitzen konnten, blieb uns nichts anderes übrig, als das schlechte Wetter hinzunehmen und weiterzumachen. Zum Glück blieb eine unserer Akklimatisierungswanderungen zum Ice Lake auf 4600m vom Regen verschont, aber es war etwas bedrückend zu wissen, dass hinter all diesen Wolken sich eigentlich beeindruckende 7000er und 8000er versteckten. Aber gut, durchs Jammern wird es auch nicht anders, und wir hatten trotzdem weiterhin eine gute Zeit. Vor allem die Kulturwissenschafts-Studentin in mir kam während der Akklimatisierungstage in Bragha und Manang voll und ganz auf ihre Kosten. In Bragha gab es nämlich ein beeindruckendes buddhistisches Kloster, welches wir besuchten. Dank meiner Rucksackreisen durch Thailand und Vietnam war es für mich nicht der erste Besuch in einem buddhistischen Tempel, aber ich bemerkte sofort Unterschiede zu den Tempeln, die ich bisher so gesehen hatte: Während in Thailand die Tempel sowohl Außen als auch Innen in Gold- und Weißtönen schimmerten und das Gefühl von Platz und Weite vermittelten, war der Tempel in Bragha innen dunkler und enger, dafür aber mit zahlreichen Gebetsfahnen geschmückt. Auch das Äußere des Tempels fiel etwas weniger pompös aus als ich es aus Thailand und Vietnam gewohnt war, aber gerade die Position des Tempels zwischen den Hügeln Braghas machte einen imposanten Eindruck. Zufälligerweise befand sich im Inneren des Tempels eine Gruppe von Nepalis, welche es sich auf dem Boden gemütlich gemacht hatten, Tee tranken und gekochte Kartoffeln aßen. Manfred und ich wurden eingeladen, uns hinzuzusetzen. Wir fanden heraus, dass beim Teekränzchen auch ein Professor aus Oberösterreich anwesend war, der an der University of London tibetische und buddhistische Kunst unterrichtet. Er erzählte uns, dass er hier sei, um ein paar um die 700 Jahre alte Schriften in Alt-Tibetisch zu sichten, zu fotografieren und im Anschluss zu studieren. Wir durften dann sogar einen Blick auf die Schriften werfen. Wissenschaft live halt. Was für eine absolut coole, inspirierende und spannende Begegnung! Am liebsten hätte ich nach dieser Episode direkt eine seiner Vorlesungen über tibetisch-buddhistische Kunst besucht. Es ist einfach immer dasselbe auf Reisen: Meistens reise ich mit mehr Fragen im Gepäck ab als zu Beginn des Trips. Je mehr ich wahrnehme, umso mehr will ich wissen, und ich beginne, den Leuten Löcher in den Bauch zu fragen.

Blick auf Bragha während des Rückwegs vom Ice Lake, in der Mitte befindet sich das Kloster inklusive Tempel!


Unser zweiter Akklimatisierungsmarsch führte uns zur Praken Gompa auf 3900m. Die in dieser Gompa lebende Lama (d.h., eine Lehrerin im tibetischen Buddhismus) empfing Manfred und ich mit einer willkommenen Tasse Schwarztee und erzählte uns von ihrem sehr asketischem Leben auf fast 4000m. Es war unglaublich interessant, zu erfahren, dass diese alte Frau schon seit 20 Jahren sehr zurückgezogen in der Gompa lebt, um zu meditieren und zu sich zu finden. Von ihr ging eine beeindruckende Ruhe, Zufriedenheit und Gelassenheit aus. Gegen eine Spende segnete sie unsere bevorstehende Überquerung des Thorong La Passes, und so machten wir uns auf den Rückweg nach Manang, um am nächsten Tag durch Nieselregen und Nebel auf 4200m nach Yak Kharka aufzusteigen. Mir ging der Dauerregen an diesem Tag ziemlich an die Substanz und dementsprechend war ich eher etwas zickig. In unserem Teehaus in Yak Kharka angekommen, (Btw, Yak Kharka heißt übersetzt "Wiese der Yaks") igelten wir uns den restlichen Tag vor dem Kamin im Gästeraum ein, tranken heiße Schokolade, und versuchten, angesichts der Wetterbedingungen nicht zu viel Trübsal zu blasen. Aufheiterung verschaffte uns die Tatsache, dass es im Teehaus Jenga gab, und Manfred und ich ein erbittertes Jenga-Duell nach dem anderen bestritten. Spieleinsatz waren die Eigentumsrechte an unserer Katze Paulchen. Crazy Cat People unter sich. Natürlich gewann ich, wie sollte es auch anders sein.

Nach einer Nacht in Yak Khara brachen wir auf zum letzten Dorf vor dem Thorong La Pass, auf sage und schreibe 4500m Höhe: Thorong Phedi. Das Wetter war immer noch nicht recht viel besser, auch wenn der Regen sich langsam zurückzog. Da wir keinen Internetzugang mehr hatten, konnten wir auch keine Wettervorhersagen abchecken. Allerdings lernten wir Norbu kennen, einen nepalesischen Tourguide. Er war gemeinsam mit John unterwegs, ein britischer Soldat, der in Brunei stationiert ist und mit nepalesischen Ghorka zusammenarbeitet. Manfred und ich haben uns sehr lange mit Norbu unterhalten, hauptsächlich übers Bergl'n. Er hat uns viele, viele Tipps und Inspiration für weitere Fernwanderungen und Gipfeltouren in Nepal weitergegeben, und weil er so cool drauf war, haben wir ihn gefragt, ob wir ihn und John über den Thorong La Pass begleiten dürfen. Jup, durften wir, und Geld wollte Norbu keines haben dafür (bekam er natürlich trotzdem von uns, eh klar). Und so fanden wir uns am Tag darauf um 4 Uhr morgens im Frühstücksraum des Teehauses wider, um uns gemeinsam mit den beiden auf den Weg zur Schlüsselstelle auf 5416m Höhe zu machen. Die abartige Uhrzeit musste sein, weil es ab circa 10 Uhr vormittags auf dem Pass extrem windig und ungemütlich wird. Es nieselte, als wir im Dunkeln losstapften, nicht unbedingt vielversprechend. Manfred und ich hatten in der Nacht außerdem ziemlich miserabel geschlafen, die dünne Luft auf 4500m wirkte sich ziemlich auf die Schlafqualität aus - kurz vor dem Weckerläuten hatte ich das Gefühl, kaum atmen zu können, weil die Luft im Zimmer komplett aufgebraucht war. Die Motivation hielt sich bei mir also eher in Grenzen, bis wir das Thorong High Camp auf 4900m erreichten. Ab dem High Camp wurde es langsam heller, und ich merkte, dass meine Lunge nach wie vor ziemlich gut mit der Höhe zurechtkam. Dieses Bewusstsein, dass mein Körper fähig ist, mich sicher und gesund auf über 5000m zu bringen, war eine unglaubliche Selbsterfahrung und hat nachhaltig das Verhältnis zu meinem Körper und mir selbst verändert. Anstrengend war das Ganze trotzdem - wir gingen immer langsamer, machten Verschnaufspausen, und jeder Schritt brannte in der Lunge. Langsam wurde es hell, der Regen ging in leichten Schneefall über und hörte schließlich komplett auf. Es lockerte etwas auf und wir konnten endlich, endlich etwas von der unglaublichen Umgebung sehen, durch die wir wanderten. Nach knapp 3 Stunden Wanderung (womit wir vergleichsweise schnell waren) erreichten wir schließlich den Thorong La Pass, und ich begann erstmal zu heulen - einfach nur vor Freude darüber, es geschafft zu haben. Passiert irgendwie jedes Mal, wenn ich etwas schaffe, worauf ich lange hingefiebert habe, und fühlt sich jedes einzelne Mal verdammt gut an. 



Unglaublich, aber wahr: Am Thorong La Pass gab es auch - richtig geraten - ein Teehaus. Der Bursche, der dort arbeite, lebt tatsächlich 3 Monate im Jahr während der Hochsaison in dieser winzigen, schlecht isolierten Hütte in diesen unwirtlichen, eisig kalten Gefilden. Keine Ahnung, wie man das aushält. Manfred und ich bestellten zwei heiße Schokoladen (die kalorienintensivste Option :D) und ließen ihm ein seeehr gutes Trinkgeld da - einfach, weil wir es nicht fassen konnten, dass er tatsächlich einen Teil des Jahres hier oben lebte. Es war echt unglaublich kalt, aber die Aussicht war der Wahnsinn - auch wenn immer noch einige Wolken die Sicht verdeckten. Aufgrund der Kälte hielten wir es nicht zu lange auf dem Thorong La Pass aus und machten und nach unserer Heißen-Schoki machten wir uns auch recht geschwind auf den Weg nach Muktinath. Der Abstieg ging recht smooth vorüber, und auf der anderen Seite änderte sich die Landschaft nochmal komplett. Die Nähe zu Mustang machte sich deutlich bemerkbar, die Berghänge waren um einiges trockener, schon beinahe wüstenhaft. Sah einfach nur surreal aus. In Muktinath angekommen, besuchten wir gleich mal die dort ansässige, sehr berühmte Pilgerstätte für Hindus und Buddhist*innen. Auf 3800m sprangen die Pilger*innen in kleine Schwimmbecken, um sich mit dem heiligen Wasser, welches hier fließt, wortwörtlich reinzuwaschen. Unter 108 Wasserhähnen konnte man sich zudem ebenfalls waschen. Brr. Da gerade Festival-Season in Nepal ist, war auch echt viel los. Geplättet von dem langen Marsch verabschiedeten wir uns vor Norbu und John, die noch nach Kagbeni weiterwanderten, und chillten den restlichen Tag im Hostel.

Tags darauf brachen wir zu unserer letzten Wanderetappe auf, von Muktinath über das mittelalterliche und verwinkelte Dorf Kagbeni nach Jomsom. Diese Tagesetappe entpuppte sich als überraschend lang und ermüdend, vor allem, weil es auf dem Streckenabschnitt von Kagbeni nach Jomsom extrem windig wurde. Dafür war der Himmel klar und wir konnten einige Bergriesen bestaunen. Todmüde in Jomsom angekommen, mussten wir dann noch ein Transportmittel nach Pokhara finden. Die Optionen dafür waren eine 9-stündige, dafür budgetfreundliche Jeepfahrt über Buckelpisten, oder ein zwanzigminütiger, nicht so kostengünstiger Flug in einem nicht sonderlich vertrauenserweckenden Propellerflugzeug. Nun ja, nach der ganzen Mühsal haben wir uns gegönnt und sind nach Pokhara geflogen. Und man muss sagen: Das hat sich gelohnt, sowohl für unsere eh schon malträtierten Bandscheiben als auch vom Erlebniswert her. Vom Miniflugzeug aus nochmal die Schönheit des Himalayas wahrnehmen zu können war echt ein gelungener Abschluss unserer Fernwanderung. Ein Tag ausruhen in Pokhara - übrigens eine wirklich schöne und entspannte Stadt im Grünen - ging es tags darauf mit dem Bus wieder zurück zu Niraj & Co. nach Kathmandu und somit in die Zivilisation. War irgendwie auch mal wieder schön, und ich freute mich sehr, wieder bei den Gautams zu sein und noch ein paar schöne Tage bei ihnen zu verbringen - dazu in meinem nächsten Post mehr.

Die Landschaft in Upper Mustang hat mich komplett geflasht!


Die Uhren ticken in den Orten, die wir während der Wanderung besucht haben, definitiv langsamer, und ich merkte, wie dieses Karussell aus To-Dos, Deadlines für die Uni, Zukunftsplänen und der ganze restliche Bums, der mich sonst so privat und professionell beschäftigt, allmählich seine Geschwindigkeit drosselte. Eigentlich ja verrückt, dass Manfred und ich innerhalb eines halben Tages in irrsinniger Geschwindigkeit mit dem Flugzeug tausende Kilometer über Europa und Südasien gebraust sind, um anschließend zwei Wochen lang zu Fuß gerade mal 150 km durch Nepal zu latschen. Aber naja, seinen positiven Effekt auf die mentale Gesundheit von uns beiden hatte das ganze Unterfangen auf jeden Fall. Wer mich gut kennt, weiß, dass mein Bruder und ich über nahezu alles, was uns so bewegt, miteinander reden. Und so war unsere Wanderung geprägt von einem wunderbaren Mix aus Blädschmatz, Deep Talk, und oft auch wohltuendem Schweigen und Stille. Als Geschwister kennen wir uns nahezu in- und auswendig, als Reisegefährt*innen war es dann irgendwie nochmal anders. Es war spannend, sich darüber zu unterhalten, wie wir einzelne Aspekte unserer Reise und Nepals wahrnahmen. Manfred hatte auf viele Sachen nochmal eine ganz andere Perspektive als ich, und ihm fielen einige Dinge auf, die ich als Reisejunkie in Entwicklungsländern kaum noch wahrnehme. Es war ein sehr bereichernder Austausch zwischen uns beiden, und ich denke, dass wir beide unseren Teil auf dieser Wanderung dazugelernt haben. Ja, mein Bruder und ich sind vor allem darin verschieden, dass er verwurzelt ist und weiß, wo er hingehört, während ich gefühlt überall daheim bin. Und genau diese Dynamik ist immer wieder aufs Neue mal unterhaltsam und witzig, mal ernst und nachdenklich. Ja, es war gut, dass wir auch mal nur zu zweit längere Zeit miteinander verreist sind. 

14 Tage Trekking quer durch den nepalesischen Himalaya - unsere Fernwanderung auf dem Annapurna Circuit war von einer Vielzahl an Gegensätzen geprägt: Von drei Tagen deprimierenden Dauerregen und Nebel über leichten Schneefall bei eisigen Temperaturen ab 5000m Höhe bis hin zu dampfender Schwüle und bayerisch blau-weißem Himmel mit Blick auf einige der eindrucksvollsten Bergriesen dieser Erde haben wir so ziemlich alle Wetterzustände miterlebt, die man sich so vorstellen kann. Wir sind zwischen Reisterrassen und subtropische Wälder spaziert, aber auch entlang schwindelerregend hoher Schluchten entlang des Flusses Marsyangdi gewandert. Jeden Tag haben die Berge ihr Gesicht geändert, und jeden Tag wurde die Landschaft schroffer, karger, wilder. Von den Höhenunterschieden ganz zu schweigen. Doch auch kulturell hat uns ein stetiger Wandel auf unserer Tour begleitet: Waren die ersten Dörfer auf unserer Wanderung noch eindeutig hinduistisch geprägt, haben wir relativ bald die ersten buddhistischen Gebetsmühlen passiert und immer mehr Häuser gesehen, die mit Gebetsfahnen geschmückt waren. Die Nähe zur chinesischen Grenze und der damit verbundene Einfluss des tibetischen Buddhismus machte sich bemerkbar. Man kann also durchaus sagen, dass die einzige Konstante während des Annapurna Circuits die Veränderung war. Und Dal Baht. Denn das nepalesische Nationalgericht wurde einfach überall angeboten und hat uns zuverlässig mit jeder Menge Energie und an kalten Abenden im Teehaus dank seiner Schärfe mit der nötigen Wärme versorgt. Dal Baht Power 24/7 sag ich nur. Da dieser Beitrag nun schon sehr ausführlich ist, werde ich ihn an dieser Stelle mal abschließen. Fast eine Woche habe ich daran geschrieben, da immer wieder was dazwischenkam - sei es Orgakram für die Uni oder das Leben in Kathmandu. Mittlerweile bin ich nun schon auf Zwischenstopp in Bangkok. von wo aus ich morgen nach Phnom Penh weiterreise. Höchste Zeit also, diesen Beitrag endlich zu veröffentlichen. Im nächsten Artikel erzähle ich von der unglaublich schönen Zeit, die ich bei Niraj's Familie in Kathmandu verbracht habe - bis dahin eine gute Zeit. Macht's eich a schnelle Helle für mi auf. ;)

Tempelbesuch in Muktinath


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